Das Trialog-Format an der ISS: Wie umgehen mit dem Krieg zwischen Israel und dem Gaza-Streifen?
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas mit vielen Toten auf Seiten der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen setzt sich fort; dutzende israelische Geiseln werden von der Hamas weiter unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten. Wie umgehen mit den Nachrichten aus dem sogenannten Nahen Osten? Wie sprechen über eine geografisch für uns im Allgemeinen doch ferne, aber für eine große Gruppe von Menschen in Deutschland auch sehr persönliche Katastrophe? Was glauben, wenn klassische Medien und Social media zum Teil ganz unterschiedliche Bilder des Krieges zeichnen?
Für diese Fragen stellt das Trialog-Format des Trägers „Gesellschaft im Wandel“ einen Rahmen dar, in dem die Beteiligten ihre Gefühle benennen, sich austauschen und mit Workshopleitenden sprechen können, die selbst zur Situation in Nahost einen persönlichen Bezug haben – und zwar zu beiden Seiten. So waren Dana (deutsch-jüdisch-israelische Identität) und Zakariyya (deutsch-palästinensische Identität) als Trialog-Patin bzw. -Pate am 8. April 2025 an die Irena-Sendler-Schule gekommen und berichteten von ihrer durchaus parteilichen Sicht und ihrem gleichzeitig gemeinsamen Bemühen, im Gespräch Brücken zu bauen und aus dem Hass in der persönlichen Begegnung zu einem Miteinander und zu einer Verständigung als Menschen zu finden. So sagte Dana: „Wir hier in Deutschland haben die Möglichkeit, über Dinge zu reden, uns auszutauschen. Das ist voll wichtig.“ Zakariyya drückte es so aus: „Wir brauchen einen anderen Weg, darüber zu sprechen. Wir müssen einen Beitrag leisten, dass es besser wird.“
Doch standen zuerst einmal die Gefühle und Fragen der anwesenden Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgängen 11 und 12 im Zentrum. Die etwa 30 Teilnehmenden aus verschiedenen Kursen waren aufmerksam, beeindruckt und anfangs sehr behutsam, was die Preisgabe ihrer Gefühle anging. Doch öffneten sie sich zunehmend. Die eigene Gefühlslage angesichts dieses langanhaltenden und immer wieder blutigen Konfliktes zwischen Israelis und Palästinensern wurde mit Begriffen wie „verwirrt“, „angeekelt“, „zwiegespalten“, „enttäuscht“, „überfordert“, „erschöpft“, „wütend“, aber auch „interessiert“ und „hoffnungsvoll“ beschrieben. Deutlich wurde der innere Zwiespalt aus dem Gefühl, sich angesichts des Leides positionieren zu müssen, und der Einsicht, dass eine einseitige Positionierung schwierig, der Sache wenig gerecht und angesichts zu geringer Kenntnisse der Gesamtsituation nicht möglich ist. Dieser Spannung und den mit ihr verknüpften Unsicherheiten wurde Raum im Trialog zwischen den Lernenden und den beiden Gästen gegeben – und es wurde greifbar durch die Gäste, dass es durchaus möglich ist, im Sinne von Menschlichkeit und Menschenrechten Position gegen bestimmtes Verhalten und bestimmte Taten zu beziehen – ohne sich undifferenziert auf eine Seite zu schlagen und ohne das Gespräch über die Gräben hinweg einstellen zu müssen. Deutlich wurde aber auch, dass das vielperspektivische Informiertheit, Kraft und Standhaftigkeit braucht und Mensch dazu einer hohen Ambiguitätstoleranz (Bereitschaft, Mehrdeutigkeiten und unterschiedliche Ansätze als berechtigte Perspektiven auszuhalten) bedarf.
Die Veranstaltung war ein gelungener „Türöffner“, um sich mit dem Thema, der eigenen Positionierung zu diesem Krieg und praktisch-menschlicher Solidarität weiter zu befassen. Dazu sind die Schülerinnen und Schüler herzlich eingeladen – und für diese „Türöffnung“ gilt den beiden Trialog-Gästen ein herzlicher Dank!
Text: Jens-Frederik Eckholdt, Beauftragter der ISS zur Pflege des Schulnamens