Teilnehmer vom Projekt „Soziale Jungs“ aus Jahrgang 8 berichten…

Neuer Durchgang vom Projekt „Soziale Jungs Hamburg“

Im zweiten Halbjahr 19   wird es wieder eine erste „Informationsveranstaltung“ für interessierte Jungen aus Jahrgang 7 geben, auf der das Projekt  „Soziale Jungs Hamburg“ vorgestellt wird. Auf dieser Seite könnt ihr Berichte von Jan Seitz aus der 8b, Max aus der 8a und 8b lesen, die Praktika bei beim „atelier lichtzeichen“ und bei der „Kasseler Tafel e.V.“, bei „Pflegen und Wohnen in Farmsen“ und bei der »Tiertafel!Hamburg!e.V.« absolviert haben. Bei Max aus der 8b hat sich sogar ein regelmäßiger Einsatz bei der „Tiertafel!Hamburg!e.V.“ etabliert. In den Interviews könnt ihr erfahren, wie ihnen das Praktikum gefallen hat, was spannend und neu war und ob sie eine Teilnahme empfehlen können. Viel Spaß dabei!

Eine Teilnahme am Projekt ist jederzeit möglich. Wenn ihr Lust habt mitzumachen, meldet Euch…

… in der Schule bei Frau Schulz: katja.schulz@iss.hamburg.de

… oder bei Herrn Bentheim: bentheim@soziale-jungs-hamburg.de (Projektbetreuer)

http://www.soziale-jungs-hamburg.de/home.html

 

 

»Geduld und Ruhe sind gut,  damit alles klappt –

das ist ganz wichtig.«

 

Jan Seitz, 8b der Irena-Sendler-Schule, über seine ehrenamtlichen Praktika beim »atelier lichtzeichen«[1] und bei der »Kasseler Tafel e.V.«[2] im Herbst 2018.

Die Fragen stellte Alexander Bentheim, Projektleiter »Soziale Jungs Hamburg«.

Jan, wie bist du auf das Atelier und die Tafel gekommen und warum wolltest du gerade dort mitarbeiten?

Auf das »atelier lichtzeichen« bin ich gekommen, weil meine Mutter in der Nähe einen Spielzeugladen hat und ich dadurch den Chef vom Atelier kenne. Im Atelier werden Menschen mit mit sehr unterschiedlichen Beeinträchtigungen – z.B. autistische, geistige oder psychische Erkrankungen – betreut und da habe ich gefragt, ob ich mithelfen kann. Ich wollte mal sehen, wie die Leute mit Menschen arbeiten, denen es halt nicht so gut geht. Und zur Tafel bin ich gekommen, weil mein Opa dort ehrenamtlich mitarbeitet. Außerdem hatte ich bei der Tafel schon einige Male vorher mitgeholfen, wenn ich ihn in Kassel in den Ferien besucht habe.

Sprechen wir zuerst über das Atelier. – Was waren deine Aufgaben?

Meine Aufgaben waren, dass ich mich um die behinderten Menschen dort kümmere und denen helfe, z.B. den Rollstuhlfahrern, dass die überall gut durchkommen, oder dass das Malmaterial vollständig ist und auch mal etwas tragen helfen.

Deine »Klienten« oder »Gäste«, mit denen du zu tun hattest – waren die zufrieden, begeistert, unsicher mit dir?

Soweit ich es gehört habe, gab es nur positives Feedback. Die waren sehr zufrieden mit mir, also dass ich immer höflich in den Umgangsformen war und meine Arbeit zuverlässig gemacht habe. Ich habe auch mitgedacht und eine Idee umsetzen können, die wir morgens besprochen haben, eine halbe Stunden bevor die Klienten kamen.

Bist du gut angeleitet worden?

Ja! Die Abteilungsleiterin hat immer gesagt, wenn ich Fragen habe oder sonst etwas ist, kann ich zu ihr kommen. Ich durfte mehrere Stationen durchlaufen, um zu sehen, welche Aufgaben es gibt, und ich war fast nie allein, ich wurde immer mitgenommen und durfte helfen.

Wer oder was hat dich am meisten beeindruckt während deiner Mitarbeit?

Was mich sehr beeindruckt hat, das waren die Künstler an sich und was sie gemalt haben; es sind wirklich tolle Bilder entstanden. Und das Management dort und dass jeder weiß, was er zu tun hat. Das war wirklich so gut organisiert, da konnten gar keine Fehler passieren. Man wurde auch immer eingeteilt für eine zu betreuende Person, ich hatte in meiner gesamten Zeit mit sieben von 14 Personen zu tun. Dass alles gut organisiert im Team passierte, war toll.

Was hat dich überrascht, das du vorher nicht gewusst hast?

Wie viel Arbeit es sein kann, auf behinderte Menschen aufzupassen. Die nicht immer wissen, was sie tun, oder gerade nicht ganz sie selbst sind, z.B. weil sie Medikamente genommen haben. Und wie die trotzdem meistens ruhig geblieben sind. Dadurch habe ich ebenso eine Ruhe für mich selbst gefunden, auch wenn mal jemand lauter wurde. Ich weiß jetzt, wenn ich solche Menschen treffe, z.B. wenn sie autistisch sind oder eine schwere geistige Behinderung haben, wie ich mit denen umzugehen habe.

Bist du über Krankheitsbilder oder Medikamentierungen informiert worden, bevor du mit einem Menschen zu tun hattest? Damit du dich auf ihn einstellen konntest?

Mir war das durchaus bewusst, weil der Alsterdorfer Markt ja bekannt dafür ist, dass dort viele Menschen mit einer Behinderung wohnen. Und ich bin da so oft an dem Markt, ich kenne das fast jeden. Das war für mich völlig in Ordnung, aber die vom Atelier haben mir trotzdem vorher gesagt, was alles auf mich zukommen könnte.

Was hast du gelernt?

Andere Perspektiven kennen lernen und vergleichen: Wie denkt jemand gerade und wie denke ich? Und zu schauen, was jemand von mir möchte, wenn er sich nicht gleich passend ausdrücken kann. Also sich einfühlen lernen in jemanden.

Würdest du irgendetwas noch verbessern oder anders machen?

Nein, nichts verbessern im Umgang mit den Menschen, es war alles perfekt und ich fand das toll.

Fühltest du dich insgesamt wohl in den Einrichtung, mit den Leuten, mit der Anleitung? Hast du von deinem Praktikum profitiert?

Ja, sehr, das Team dort hat mich sehr nett aufgenommen, mir alles gezeigt und einen Tageszettel gegeben, wo drauf stand was gerade anliegt. Wir haben auch zusammen Mittag gegessen, es war eine superschöne Atmosphäre.

Würdest du wieder dort mitarbeiten?

Gerne! Ich hab schon überlegt, ob ich mein FSJ[3] dort machen könnte, weil die immer Leute suchen.

Würdest du die Arbeit, die du gemacht hast, anderen empfehlen? Und welche Voraussetzungen bräuchte jemand – deiner Meinung nach – um diese Arbeit zu machen?

Ich kann das auf jeden Fall empfehlen, weil man supernett aufgenommen wird, und auch die Menschen, die dort zu Besuch sind, respektvoll mit einem umgehen, so wie es für sie möglich ist. Und Voraussetzungen: also man muss Geduld haben mit den Menschen. Manche haben zu Beginn nicht sofort ein großes Vertrauen, einer z.B. hat mir in den ersten drei Tagen nicht vertraut und wollte nichts mit mir zu tun haben. Aber dann verbesserte sich das. Geduld und Ruhe sind gut, damit alles klappt, das ist ganz wichtig.

Gut, dann kommen wir zur Kasseler Tafel. – Was waren dort deine Aufgaben?

Ich wurde wieder sehr gut aufgenommen, weil ich vor diesem Praktikum ja schon einige Male dort mitgeholfen habe, in den Sommerferien zum Beispiel. Also die fahren morgens mit Sprintern und LKWs raus und sammeln von allen Supermärkten die Sachen ein, die am nächsten oder übernächsten Tag vom Datum her ablaufen würden. Einmal bin ich auch mitgefahren und habe die Sachen mit reingetragen, sonst war ich um 9 Uhr da. Ich war vor allem zuständig für das Sortieren der Lebensmittel, aber weil ich das Hygiene-Zeugnis[4] habe, durfte ich auch die Sachen auch vorne ausgeben. Die Leute haben so farbige Berechtigungskarten und kommen alle zwei Wochen. Sie bezahlen 2 Euro und bekommen dafür einige volle Tüten mit Lebensmitteln.

Wie hast du diese »Gäste« oder »Kunden« erlebt?

Unterschiedlich. Manche waren sehr dankbar dafür, dass es so was gibt, also dass sie überhaupt Essen bekommen haben. Darunter waren auch viele aus dem Ausland, die hier in Flüchtlingsheimen wohnen, und die waren überaus dankbar. Es gab aber auch welche, die sehr arrogant waren. Ich habe so unterschiedliche Menschtypen kennen gelernt, dass es manchmal recht schwierig war. Manche waren supernett, andere wollten dann aber nicht nur ein, sondern zwei Brote oder noch etwas ganz Anderes.

Konntest du dich gut auf die verschiedenen Menschen einstellen?

Natürlich mag ich die Leute lieber, die auch mit mir nett umgehen. Aber in dem Moment muss man halt genau so souverän bleiben auch mit den anderen, das war extrem wichtig. Und da war ich vom Atelier her, mit der Ruhe, schon gut vorbereitet. Es war aber insgesamt schon deutlich schwieriger als im Atelier. Trotzdem hab ich Ruhe bewahrt, wenn z.B. von hinten in der Schlange jemand »Mach mal schneller!« rief.

Was hat dich an der Tafel am meisten beeindruckt während deiner Mitarbeit?

Beeindruckt hat mich, dass die meisten, die bei der Tafel mithelfen, das ehrenamtlich tun. Dass das Menschen sind, die anderen Menschen wirklich helfen wollen, und das nicht wegen des Geldes tun. Und dass das funktioniert, das war Wahnsinn. Die hatten da auch wieder so einen Plan, der wurde mir am Anfang gezeigt. Und die waren so dankbar, dass ich da mitgeholfen habe, weil sie da gerade einige Personalschwierigkeiten hatten. Es war auch schön, dass ich mehrere Stationen durchlaufen durfte – sortieren, ausgeben, Kisten reinigen ab und zu, Lager kontrollieren, mit dem LKW mitfahren. Insgesamt haben da 22 Leute mitgeholfen, von denen 10 immer fest da waren.

Und auch hier die Frage: Was hat dich überrascht, das du vorher nicht gewusst hast?

Wie viele Menschen auf solche Hilfsmittel wie die Tafel angewiesen sind, das hat mich sehr überrascht. Die Menschen kommen ja nur alle 2 Wochen, aber jeden Tag stehen mehr und mehr in der Schlange an der Ausgabe. Ich hab nicht gezählt, aber ich schätze mal das sind 300 Menschen jeden Tag, eine erschreckend hohe Zahl. Und es stehen viele auf einer Warteliste, die noch nicht aufgenommen werden können.

Und was hast du dort, bei der Tafel, gelernt? Vermutlich auch das Organisieren?

Ja, und auch flexibel sein. Wenn vorne an der Ausgabe gerade jemand fehlt, und du aber im Lager bist, musst du mit nach vorne, damit es da weitergeht. Und wenn da aber genug Helfer sind, machst du wieder weiter damit, die Lebensmittel zur Ausgabe zu transportieren. Das im Blick zu behalten, wer wo gerade gebraucht wird, dafür gab es Michael, das ist auch ein Ehrenamtlicher. Der hat selbst mit angepackt, aber auch das Personal zugewiesen. Und ich wurde nicht wie ein Praktikant behandelt, sondern wie ein festes Mitglied des Teams, mit einem Teil Verantwortung, das war auch schön.

Und würdest du bei der Tafel etwas anders machen, oder etwas verbessern?

Ich würde versuchen, noch ein bisschen mehr Personal zu bekommen, damit man dieses Rotierende nicht mehr so viel hat. Vielleicht noch einen Flyer entwerfen, um noch mehr Helfer anzuwerben, die man vielleicht bezahlen könnte, dass jeder so sein »Fachgebiet« hat. Auch wenn die Flexibilität natürlich Spaß gemacht hat. – Es gab aber auch kurze Pausen, die man nehmen konnte, wenn es mal zu viel wurde. Das stand einem auf jeden Fall zu und es gab auch so eine Kaffee- und Kuchenecke.

Fühltest du dich auch da insgesamt wohl in der Einrichtung, mit den Leuten, mit der Anleitung?

Ja. Also ich kannte die ja vorher schon relativ gut, und jetzt noch besser. Ich hab auch die Einladung, gern immer wiederzukommen in den Ferien.

Auch hier die Frage: Würdest du die Arbeit anderen empfehlen? Und welche Voraussetzungen bräuchten sie für diese Arbeit?

Empfehlen kann ich das auf jeden Fall, und Max Schütze hilft hier bei der Tiertafel auch mit und das scheint ja auch ganz gut zu sein. Man lernt viele Menschentypen kennen und wie man mit denen umzugehen hat. Und schön ist, wenn man lernt, dass Leute auf deine Hilfe angewiesen sind, dieses »Ich gebe was, aber ich krieg auch was dafür«, dieses Geben und Nehmen ist echt schön. Also ich würd’s immer wieder machen.

Gibt es noch etwas, dass dir wichtig ist zu sagen?

Dass viele Ehrenamtliche über 60 Jahre alt sind, die mithelfen, und ich es schade finde, dass nicht mehr Jugendliche mitmachen und so unsere Gesellschaft weiterhin mit Essen versorgt wird. Und ich habe gemerkt, wie viele Tonnen Lebensmittel einfach weggeworfen würden, wenn die Tafel sie nicht nehmen würde, und wie wenig nachhaltig die Lebensmittelgeschäfte arbeiten. Es ist erschreckend, dass trotz dieses Überflusses so viele Menschen bedürftig und auf die Tafel angewiesen sind.

[1] www.atelier-lichtzeichen.de, ein Angebot der »alsterarbeit gemeinnützige GmbH« im Verbund der Ev. Stiftung Alsterdorf für Menschen mit Handicap, eine künstlerische Tätigkeit auszuüben.

[2] http://kasselertafel.de/

[3] Freiwilliges Soziales Jahr, https://www.bundes-freiwilligendienst.de/fsj-freiwilliges-soziales-jahr/.

[4] z.B. https://www.gesundheitszeugnis.de/infektionsschutzgesetz

 

»Manchmal lauter werden müssen, damit die Menschen einen verstehen, aber nicht aggressiv klingen dabei«

»Max hat sich sehr gut eingebracht, meine Kolleginnen und Kollegen mochten ihn gern.«

Astrid Kühnel, Soziale Betreuung bei Pflegen und Wohnen Farmsen.

Max André Kühl, 8a der Irena-Sendler-Schule, zu seinen Erfahrungen im ehrenamtlichen Praktikum bei »Pflegen und Wohnen Farmsen« während der Herbstferien 2018.

Die Fragen stellte Alexander Bentheim, Projektleiter »Soziale Jungs Hamburg«.

 

Max, du hast in den Herbstferien knapp zwei Wochen lang bei Pflegen und Wohnen Farmsen ehrenamtlich mitgearbeitet – was waren deine Aufgaben?

Da gab es verschiedene, angefangen vom Rollstuhlführerschein, um jemanden sicher durch das Haus schieben zu können, bis hin zum Leute begleiten und vorlesen, letzteres dann ab und zu mal auch auf dem Zimmer. Das war dann schon eine Einzelbetreuung.

Und die Bewohner waren zufrieden, begeistert, unsicher?

Die, die mich bemerkt haben, waren eigentlich recht zufrieden und haben sich gefreut, wenn ich da war und vorgelesen habe. Die meisten sind dabei eingeschlafen, weil ich scheinbar eine so entspannende Stimme habe.

Was hat dich überrascht, das du vorher so nicht gewusst hast?

Besonders überrascht haben mich die älteren Personen. Eigentlich denkt man ja, die älteren Leute seien eher ein bisschen negativ eingestellt. Aber die waren fast immer recht positiv, haben sich gefreut, wenn etwas los war. Das hat mich schon überrascht.

Was hat dich am meisten beeindruckt?

Beeindruckt hat mich die Tatsache, dass das Haus viel mit der Kita zusammen macht, die nebenan ist. Die Kita-Kinder kommen ab und zu rüber, was ich selbst allerdings nicht miterlebt habe, das wurde jedoch erzählt. Und dass es viel Programm gibt, zum Beispiel abends zusammen singen. Dafür kommen die älteren Menschen extra runter von ihren Zimmern, und treffen sich im Restaurant.

Was hast du gelernt?

Das richtige Schieben des Rollstuhls, das ist doch schwerer als man sich das vorstellt. Und dann die ruhige, aber deutliche Kommunikation – also manchmal lauter werden müssen, damit die Menschen einen verstehen, aber nicht aggressiv klingen dabei.

Würdest du irgendetwas verbessern oder anders machen?

Eigentlich nicht, ich fand das schon schön da. Mich hat am Anfang nur etwas verwirrt, dass die da drei Stockwerke haben und die Wohnbereiche nach Inseln benannt sind (Rügen, Sylt, Amrum, usw.). Ich war im größten Wohnbereich eingeteilt, der ging über zwei Etagen und da war die Orientierung anfangs etwas schwer. Aber später hat das geholfen.

Hast du dich insgesamt wohlgefühlt in der Einrichtung, mit den Leuten, mit der Anleitung?

 Schon. – Es gab aber Tage, da hatte ich eine Betreuerin, die mir zwar alles zeigte, aber sie war mir gegenüber auch etwas misstrauisch oder fordernd. Sie wollte ziemlich schnell, dass ich die Leute auf ihre Zimmer bringe, während ich noch dabei war herauszufinden, wo genau wer nun lebt. Das fand ich schwer, bei ihr dann auch ein-/zweimal nachfragen zu müssen. Ansonsten hatte ich einen Anleiter, der mir alles gezeigt hat und der super drauf war, er hatte eigentlich immer gute Laune. Er hat auch bei jeder Frage direkt geholfen, und war noch dazu humorvoll.

Das ist gut, wenn sich jemand seinen Humor bewahren kann, bei einer schweren Arbeit …

Ich weiß nicht, ob das so eine schwere Arbeit ist. Ich kann mir vorstellen, dass es schwer ist, die Leute alle zu beschäftigen. Aber bei mir kam es dann doch nicht soo schwer an. Ich weiß nicht, ob ich vielleicht einfach nur weniger Aufgaben bekommen habe, das kann ich ja nicht vergleichen.

Würdest du wieder dort mitarbeiten?

An sich ja. Nur ich würde mir dann vielleicht einen Bekannten mitnehmen. Denn es konnte passieren, dass ich mal im Dienstraum rumgesessen habe, weil gerade nichts zu tun war. Das fand ich dann relativ schade. Das war manchmal zu Zeiten, wo die großen Gruppenbetreuungen waren. Mit einem Bekannten könnte ich diese Zeit besser überbrücken.

Würdest du die Arbeit, die du gemacht hast, auch anderen empfehlen? Und welche Voraussetzungen bräuchte jemand – deiner Meinung nach – um diese Betreuungsarbeit zu machen?

 Empfehlen würde ich es definitiv, denn es war gar nicht so schwer, und man hat doch schöne Eindrücke bekommen. Nur man braucht halt eine gewisse Ausdauer. Man läuft da viel von A nach B, um die Bewohner irgendwohin zu schieben, zum Beispiel von Zimmer 1.3 zu Zimmer 1.8. und wieder zurück. Man ist da nicht so gut aufgehoben, wenn man schnell Bein- oder Fußschmerzen bekommt. Also man sollte in etwa wissen, was auf einen da zukommen kann.

 

 

»Man muss wach sein

und bereit sein und anpacken,

nur rumstehen geht nicht.«

 

Max Schütze, 8b der Irena-Sendler-Schule, zu seinen Erfahrungen im ehrenamtlichen Praktikum bei der »Tiertafel Hamburg e.V.«[1] seit Herbst 2018.

 

Die Fragen stellte Alexander Bentheim, Projektleiter »Soziale Jungs Hamburg«.

Max, du engagierst dich jetzt schon seit Oktober für die Tiertafel und hast an vier Terminen dort mitgeholfen. Auf was für Leute triffst du?

Also ich bin da alle zwei Wochen, wenn dort geöffnet ist, das heißt zweimal in Monat, das ist immer mittwochs nachmittags. Frau Doll leitet die Tiertafel, aber bei der Ausgabe sind andere Leute, die ehrenamtlich helfen. Wie viele Helfer es insgesamt sind, weiß ich nicht; manchmal kommen Leute, die ich noch nicht gesehen habe. Ich schätze mal es sind 20-25 Leute, die mithelfen.

Manche der Kunden, wie sie genannt werden und die etwas weiter weg wohnen, kommen nur alle vier Wochen, und dann wird ein bisschen mehr für die eingepackt. Aber die meisten kommen alle zwei Wochen. Da sind jedes Mal richtig viele Leute, die auch schon mal bis zur nächsten Straße anstehen. Und es kommen viele immer wieder, das sind Stammkunden. Man muss eine Visitenkarte oder Berechtigungskarte haben. Und man muss auch jedes Mal selbst eine kleine Spende geben. Dass nur Obdachlose kommen, stimmt nicht. Es kommen auch Leute, die in ihrem Job nicht viel Geld verdienen oder arbeitsunfähig sind oder eine geringe Rente haben.

 

Was sind deine Aufgaben?

Man steht hinter einem Tresen, und hinter einem sind mehrere Regale an den Wänden, wo halt vor allem Hundefutter drin ist, in verschiedenen Sorten. Es gibt Hunde, die haben eine Getreideallergie. Es gibt Katzen, die haben Nieren- oder Magenprobleme, die kriegen spezielles Futter. Die Kunden wissen um den Gesundheitszustand ihrer Tiere. Aber wir haben nicht nur die Ausgabe, sondern es gibt auch einen Tierarzt nebenan und Physiotherapeuten für die Tiere.

Meine wesentliche Aufgabe ist die Ausgabe von Trockenfutter und Nassfutter. Wir haben auch Spielsachen für Tiere und es gibt auch ein Lager, da gibt es Halsbänder, Leinen, Körbchen in allen Arten, Katzenklos, was ein Tier halt so braucht. Nur Lager und sortieren habe ich bis jetzt noch nicht so viel gemacht. Aber wenn Kunden Wünsche haben, die wir unten nicht bedienen können, gehe ich zum Lager hoch und frage dort, ob wir das haben, was jemand braucht.

 

Wer oder was hat dich am meisten beeindruckt während deiner bisherigen Mitarbeit?

Ein Mann, der ganz aus Öjendorf kam, mit dem Fahrrad, und der für sein Tier Essen abgeholt hat. Und dann noch, dass das Futter zum Teil sündhaft teuer ist, darüber habe ich mir noch nie richtig Gedanken gemacht. Ich habe ja selbst einen Hund, aber das wusste ich so nicht. Wenn ich jetzt ins Futterhaus[2] gehe um was einzukaufen, weiß ich, dass 40 Euro viel Geld ist, das man in einer Woche los werden kann. Und viele Leute, die zur Tiertafel kommen, sind zum Beispiel arbeitsunfähig, das bekommt man mit der Rente und seinem eigenen Essen ja gar nicht hin. Das hat mich echt beeindruckt, wie teuer das alles ist. Und auch, wie viele Leute da zu jeder Ausgabe kommen. Ich hab die nicht gezählt, aber pro Ausgabe sind das mindestens 150 Leute, und viele haben ihre Tiere dabei.

 

Was hat dich überrascht, das du vorher nicht gewusst hast?

 Dass es so etwas wie die Tiertafel überhaupt gibt. Ich bin im Internet darauf gestoßen. Es kommt vor, dass nach einer Ausgabe die Regale fast leer sind. Dann hat man zwei Wochen Zeit, sie wieder aufzufüllen. Es wäre deshalb schön, auch wenn das Futterhaus schon viel gibt, wenn noch viel mehr Spenden kommen würden. Schade finde ich, dass die Tiertafel scheinbar nicht so bekannt ist.

Was ich noch sehr toll finde und meine gehört zu haben: dass auch der Tierarzt dort vollkommen ehrenamtlich arbeitet, nach seiner eigentlichen Schicht. So wie die Ärzte vom Mitternachtsbus[3] für die Obdachlosen.

Und was ich vorher auch nicht wusste: dass bei der Tiertafel alles sehr koordiniert abläuft. Man bekommt dort eine Nummer und wird aufgerufen, es kann nicht einfach jeder reinstürmen. Es gibt auch einen Sicherheitsdienst, der darauf aufpasst. Und das ist auch gut so, denn bei der Weihnachtsausgabe konnte man merken, dass die Stimmung schon etwas aufgeheizter war, weil jeder das Beste oder wenigstens etwas Besonderes mitnehmen wollte. Es wird aber versucht, beruhigend auf diese Stimmung einzuwirken. Zum Beispiel war ein Zelt aufgebaut, wo sich die Leute reinsetzen konnten. Und es wurde Kinderpunsch, Suppe und Tee ausgegeben, dadurch hat sich die Stimmung etwas beruhigt.

 

Würdest du irgendetwas noch verbessern oder anders machen?

Ich bin erstmal sehr zufrieden, wie das alles läuft, und dass es so etwas überhaupt gibt. Gäbe es die Tiertafel nicht, hätten die Leute vielleicht keinen Hund oder der Hund würde sterben. Im Moment hätte ich nichts auszusetzen.

 

Fühlst du dich insgesamt wohl in der Einrichtung, mit den Leuten, mit der Anleitung?

 Ja, auf jeden Fall. Ich komme mit allen gut klar und es bringt mir viel Spaß. Die sind alle supernett und hilfsbereit dort.

 

Wie lange hast du vor, bei der Tiertafel mitzuarbeiten?

 Eine meiner »Kolleginnen« hat schon gefragt, ob ich weitermache. Und ja, auch nach dem Sozialpraktikum mache ich da auf jeden Fall weiter, so lange es mit der Schule zusammenpasst. Weil es mir am Herzen liegt, dass nicht nur die Leute, die etwas mehr Geld haben, an teures Tierfutter und andere Sachen fürs Tier kommen, sondern auch Leute mit weniger Geld.

 

Würdest du die Arbeit, die du gemacht hast, anderen empfehlen? Und welche Voraussetzungen bräuchte jemand – deiner Meinung nach – um diese Arbeit zu machen?

 Ich empfehle diese Arbeit gern weiter, weil es wichtig ist, dass es so was gibt. Man muss auf jeden Fall Geduld mitbringen, weil man warten muss. Man muss Nettigkeit mitbringen, aber auch nicht zu viel, weil die Leute dann immer mehr von einem wollen. Man muss außerdem wach sein und bereit sein und anpacken, nur rumstehen geht nicht. Und man braucht Tierliebe oder wenigstens ein gewisses Gefühl zum Tier, denn die Leute bringen ihr Tier mit rein, und das Tier ist aufgeregt wegen der Gerüche überall. Man sollte auch keine Angst vor Tieren haben, denn es kann passieren, dass man beschnüffelt wird. Und man sollte sich etwas auskennen mit Tieren, also keine schnellen, ruckartigen Bewegungen machen.

 

Gibt es noch etwas zu sagen, wonach ich nicht gefragt habe?

Als ich das erste Mal da war, habe ich keine drei Minuten gebraucht, bis ich »drin« war, also aufgenommen war. Das war super. Die haben mich gleich mit Vornamen begrüßt, genau gesagt, was ich machen soll und mir auch etwas zugetraut. Man muss sich einiges recht schnell merken, zum Beispiel nicht zu viel und nicht zu wenig auszugeben an die Leute, auch die Größe des Tieres im Verhältnis zum Futter einschätzen können, denn es muss ja für zwei Wochen reichen.

 

 

[1] https://www.tiertafelhamburg.de/

[2] https://www.futterhaus.de/

[3] https://www.diakonie-hamburg.de/de/visitenkarte/diakonie-zentrum-fuer-wohnungslose/mitternachtsbus/

 

Katja Schulz

 

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